2 Orte und Programme

Die in den Quellen recherchierten Wohltätigkeitsfeste wurden, wie oben gezeigt, zwar zu einem großen Teil von der 'Gesellschaft' organisiert und bildeteten damit einen bevorzugten Gegenstand vor allem der illustrierten Zeitungen, die an ihre aus der 'guten Gesellschaft' stammenden Leserinnen und Leser dachten, als sie ausführlich von den Veranstaltungen berichteten. Dennoch gab es auch in der Berliner Tagespresse Hinweise auf diese Veranstaltungen.

Da waren zunächst einmal die Wohltätigkeitsfeste zu Gunsten der Unfallstationen. Ich nehme an, daß es sich bei diesen Festen um regelmässig wiederkehrende Veranstaltungen handelte. Der 'Berliner Lokal-Anzeiger' sowohl der Jahre 1900 als auch 1903 berichtete über die Ereignisse. Zumindest für die Vorankündigung der Veranstaltung 1900 ist der Ehrenvorsitz der Prinzessin zu Hohenlohe auszumachen, während in der Berichterstattung über die Veranstaltung von 1903 ebenfalls auf das Mitwirken "der verehrten Wohltäterinnen" hingewiesen wurde. Bei Beiden war der Veranstaltungsort "Kroll" bzw. das "(Neue) Königliche Operntheater", wie Kroll seit der Übernahme durch die 'Königlichen Schauspiele' 1896 auch genannt wurde. Zu den zahlreichen Aktivitäten des traditionsreichen Berliner Veranstaltungsortes und Ausflugslokals kann somit die Abhaltung von Wohltätigkeitsfesten um die Jahrhundertwende gezählt werden, die in ihren Programmpunkten auch kinematographische Vorführungen aufwiesen. Dazu zählte auch das Fest des 'Militärunterstützungsvereins', das Anfang März 1900 bei Kroll stattfand.
Aktuellen tagespolitischen Anlaß bot das ebenfalls bei 'Kroll' stattfindende Fest zu Gunsten des Rothen Kreuzes im Transvaalkrieg 1899.
Auf einen prominenten Ort des Berliner Vergnügungslebens griffen auch die Veranstalter der Wohltätigkeitsmatineé zu Gunsten der Berliner Rettungsgesellschaft zurück: Sie veranstalteten ihr Fest im Varieté Wintergarten am 9. Dezember 1900.
Die von mir während meiner Recherchen ausgewählten Quellen konzentrieren sich natürlich auf diejenigen Veranstaltungen, in denen die Kinematographie eine Rolle spielte. Sie tat dies in den zu diesen Veranstaltungen gehörenden Spezialitätenprogrammen, die mit den leiblichen Genüssen und den zahlreichen anderen zahlreichen Verkaufständen für den 'Guten Zweck' das Vergnügungsprogramm der Veranstaltungen ausmachten.
Auch für diese Veranstaltungen gab es Vorankündigungen, die erste Hinweise auf die Programme geben können. Besonders ausführlich gingen dabei wieder die illustrierten Blätter der Zeit auf den genaueren Kontext der Veranstaltungen ein. Hier war nicht nur die dargestellte Rolle der Mitglieder der 'Guten Gesellschaft' als Organisatoren der Veranstaltungen ausschlaggebend, die als Leserinnen und Leser dieser Zeitschriften in Frage kamen.

Die aktive Beteiligung der 'adeligen Dilettanten' auf der Bühne der 'Spezialitätenvorstellungen' der Wohltätigkeitsfeste war ebenso erwähnenswert.

    "Ganz besonderen Reiz dürften die am 7. und 8. März im Kroll'schen Etablissement stattfindenen künstlerischen Vorstellungen bieten, in welchen Mitglieder der Gesellschaft (fehlt im Original, I.K) für den Militärunterstützungsverein auftreten werden."

So informierte die 'Berliner Damen-Zeitung' ihre Leserinnen über die bevorstehende Veranstaltung, um mit einer Auswahl aus dem "reichhaltigen" Programm fortzufahren. Die nachfolgend zitierte Auswahl wählte die Kinematographie, wohlmöglich in der Reihenfolge des tatsächlichen 'Auftretens' auf dem Fest zu denjenigen Programmpunkten, die "besondere Erwähnung" verdienten.

    "1. Der Schwank "Er muss taub sein." Mitwirkende: Rittmeister von Moeller-Lilienstern, Clemens und Franz von Brandenstein, Herr von Marwitz und von Bitter, Fräulein von Bock und von Polach. 2. Duett, gesungen von Fräulein von Plettenberg und Elisabeth Wachtmeister. 3. Rattenfängerlieder: Major von der Marwitz. 4. Die kleine Wittwe, Couplet von Behr, v.d. Marwitz. 5. Auftreten des Tanzkomikers von Brandenstein. 6. Exercieren im Jahre 2000. 7. Kinematograph. 8. Sie'laffsche Röntgen - Bude, vorgeführt durch Frhr. von Marzahn u.s.w."

Dem Kinematograph gebührte damit nicht nur die Erwähnung unter denjenigen Programmpunkte, die die Verfasser der Vorankündigung für erwähnenswert befanden, ein wichtiger Platz. Zusammen mit der 'Sielaff'schen Röntgenbude' war sie die einzige Programmnummer, die nicht aus der 'adeligen Gesellschaft' stammte. Sie stand gleichberechtigt neben den 'adeligen Dilettanten', die sich für die Aufführungen zur Verfügung gestellt hatten.

Zur Hauptattraktion der Veranstaltung wurde sie dann vollends im Bericht über die Festlichkeit am 11. März. Dabei war es war ihr nicht nur gelungen, die ebenfalls neue Erfindung der Röntgenstrahlen aus der Konkurrenz der Vergnügungen zu schlagen. Nachdem der Berichterstatter in der Beschreibung der "bunten, farbenfrohen Menge" auf dem "Jahrmarkt" sich beeilt hatte, den aristokratischen Charakter dieses Jahrmarktes zu betonen "[n]ur das Publikum war ein anderes, als es sonst bei Jahrmärkten und Messen zu finden ist, auf ihnen sieht man wohl auch Uniformen, aber es sind die "Gemeinen", während hier das ganze Offizierskorps der Garnison Berlin und seiner Damen sich Rendez-vous zu geben schien," schloß sich eine Beschriebung des Vergnügunsprogrammes an.
Dabei wurde die Kinematographie als "Hauptattraktion" beschrieben, neben der nur noch die Aufführung des Schwanks 'Er muß taub sein' Berücksichtigung fand.

    "[...] die Hauptattraktion aber bildet neben dem Messter'schen Kinematographen der von den Herren Freiherr von Moeller-Lilienstern, Klemens und Franz von Brandenstein, Hans von Marwitz und Frl. Bertha von Bock und Polach mit bemerkenswerther schauspielerischer Gewandtheit dargestellter Einakter "Er muß taub sein", von Moinaux."

Dem Lob der schauspielerischen Leistungen war der Kinematograph gleichgeordnet. Im aristokratischen Ambiente, das die 'Berliner Damen-Zeitung' für ihre Leserinnen auf der Veranstaltung ausgemacht hatte, war der Kinematograph als Hauptattraktion nicht nur selbst 'geadelt' worden. Das Theaterstück, bzw. die Leistungen der darin auftretenden Mitglieder der Gesellschaft spiegelten sich ebenso in der schaustellerischen Leistung des Kinematographen.

Die Wohltätigkeitsveranstaltungen der Jahrhundertwende gingen aber auch neue Wege auf dem Gebiet der Unterhaltungsprogramme. Dies macht das Programm deutlich, das für die Wohltätigkeitsmatineé zugunsten der 'Berliner Rettungsgesellschaft' am 9. Dezember 1900 im 'Wintergarten' zusammengestellt worden war. Die "Mischung von Spezialitäten-Theater und ernster Kunst" war für die Besucher zwar auf den ersten Blick "sonderbar" , wirkte aber schließlich "überaus günstig" auf die zahlreich erschienenen Besucher.
Im Publikum machte das 'Berliner Fremdenblatt' u.a. die Koryphäen der Medizin, den Vorsitzende der Rettungsgesellschaft Geheimrath von Bergmann, den Geheimrath Leyden und den Professor Senator, den Reichsbankpräsidenten Dr. Koch, Frau Minister Studt und die Gräfin Larich aus.
Ihnen und dem anderen Publikum auf den voll besetzen Terrassen und im Theaterraum des Varietés wurde die erstaunliche Neuheit geboten. Die Vorstellung begann mit einem Prolog von Hans Erdmann, der 'klangvoll' gesprochen wurde vom Oberregisseur Grube vom 'Königlichen Schauspielhaus'. Dann, so der Berliner Lokalanzeiger in seiner Berichterstattung weiter,

    "producierten sich in schneller Aufeinanderfolge Fräulein Reindl von der königlichen Oper; der behendeste aller Reifenjongleure Everhart; der Magnitiseur Professor Thereses; der stimmgewaltige Kammersänger Otto Brucks; (er sang Lieder von Heine und Schubert) der Lokalhumorist Reutters (sic)."

In der folgenden halbstündigen Pause mit Promenadenkonzert wurde das Büffet geplündert und in seiner Rede vor Beginn des zweiten Teils sprach der Vorsitzende der Rettungsgesellschaft, Geheimrath von Bergmann dem Generalintendanten, dem Grafen Hochberg und der Direktion des Wintergartens, den Gebrüdern Dorn seinen Dank für das zustandekommen der Veranstaltung aus. Danach ging es weiter mit Fräulein Detinn von der Hofoper, ihr folgten Fräulein Wachner vom Schauspielhaus sowie die Tänzerin Fräulein Fouqué. Sodann Emil de Santiers als Schulreiter auf der Tischplatte, und Henry de Vry mit seinen lebenden Gemälden. Bevor der 'Biograph' mit "aktuellen Bildern" das Programm beschloß, führte die Akrobatentruppe 'The Killinos' ihre Fähigkeiten vor.

Während auf andern Festen der 'Gesellschaft' die Büffets und der Verkauf für den guten Zweck als unabhängiger Teil meistens vor den 'Spezialitäten' stattfand, war er hier in die Programmfolge mit eingebunden worden und zudem auf eine halbe Stunde beschränkt worden. Dies wahrscheinlich um den zeitlichen Rahmen der Matinée nicht zu sprengen.

In konzentrierter Form wurden die künstlerischen Darbietungen vorgetragen, sie dominierten das Fest. Der Biograph war dabei, wie in der in den Variteés meist üblichen Position, zum Programmschuß zum Zuge gekommen und bildete den "wirkungsvollen" Abschluß. Die ursprünglich aus den Varietés stammende Sitte, die bei den Artisten nicht sonderlich beliebte Schlußnummer dem 'Kinematographen' zu überlassen, wird bei dieser Form der Veranstaltung wohl allerdings keine Rolle gespielt haben. Der Kinematograph bzw. in diesem Fall der wohl hauseigene 'Biograph' des Wintergarten bildete den effektvollen Abschluß einer Folge künstlerischer Darbietungen, die bis zu diesem Zeitpunkt wohl noch niemals in dieser bzw. ähnlichen Kombinationen für das Berliner Publikum zu sehen gewesen waren.
Der Biograph war allerdings am Schluß einer überwiegend Varieté -Nummernfolge gestellt worden. Auch hier scheinen, ähnlich wie im Falle der dillettierenden Adeligen, die sich in den Rollen von Varieténummern oder als Schaupieler versuchten, die Grenzen zwischen den einzelnen Gattungen flexibel gewesen zu sein. Waren die Adeligen in der Lage, die verschiedensten Typen zu verkörpern, ergab sich das Bild der Matineé aus der Beibehaltung der Gattungen und deren abwechslungsreichen Anordung im Programm.
Inwieweit diese Kombination aus 'Hochkultur' und 'Spezilitätentheater' in Berlin Schule machte, kann ich noch nicht abschließend sagen. Es scheint aber zumindest im Kontext der Wohltätigkeitsveranstaltungen der Rettungsgesellschaften bzw. der Unfallstationen des 'Rothen Kreuzes' diese Mischung weiterhin bestanden zu haben. 1901 wies die Veranstaltung zum Besten der Berliner Unfallstationen vom 'Rothen Kreuz' eine ähnliche Mischung auf:

    "Fräulein Urbanska und Herr Hartmann vom 'königlichen Theater' traten als Kurmärker und Picarde auf. Clara Landsberger, (ehemals) von den königlichen Bühne sang drei Lieder, darunter 'Sie machen dir Komplimente', daran schloß sich der Kinematograph "mit hübschen Bildern" an. In der darauffolgenden halbstündigen Pause wurde wieder für den Guten Zweck gegessen und gespendet, eine Spezilitätenvorstellung, diesmal mit den Kräften des 'Apollo' Theater, schloß sich an."

Der 'Biograph' wurde hier als Schluß des ersten Teils, also des überwiegend die 'hohe' Kunst repräsentierenden Programmteils eingesetzt.
Im Vergleich zur Matinée im Wintergarten waren die Auftritte der Königlichen Sänger und Sängerinnen und die 'Spezialitäten' durch die Pause zudem eindeutiger voneinander getrennt, als es bei dem mehr auf Abwechslung setzenden Wintergartenprogramm des Vorjahres der Fall gewesen war.

Für eine genauere Analyse müßte ich nun noch mehr Wissen über die einzelnen der vorgetragenen Lieder etc. haben. Damit ließe sich zunächst bestimmen, auf welche Formen der 'Hochkultur' sich die Darbietungen des Personals der königlichen Bühnen bezogen. Zumindest war ihre Mitwirkung als Angehörige der 'königlichen Schauspiele' im Kontext des Nummernprogramms eine beachtenswerte Neuigkeit. Der Biograph, der die nicht näher erläuterten Bilder vorführte, war Bestandteil auch dieser innovativen Programmgestaltung.

Der Kinematograph war also keineswegs die klassische Schlußnummer bei den Vergnügungsprogrammen der 'Guten Gesellschaft' der Jahrhundertwende.
Dies machen auch die beiden Programme der Veranstaltungen deutlich, auf die ich abschließend noch einmal eingehen werde.

Die Besucher und Besucherinnen, die sich zugunsten des 'Rothe[n] Kreuz' im Transvallkrieg im Dezember 1899 'bei Kroll' eingefunden hatten, sahen nach Mitternacht die "Vorführung vortrefflicher lebender Photographien durch die Deutsche Mutoskop - und Biograph Gesellschaft", bevor zum Abschluß "des ausgedehnten Programms", "ein von zwölf Mitgliedern des Berliner Radfahrerclubs 'Velocitas' elegant auf der Bühne des Theatersaals gefahrener Niederreigen" sich anschloß.
Vorausgegangen war für die Anwesenden, von der Kunsthandlung Keller und Reimer gestaltet - passend zum Thema des Krieges und mit eindeutiger Parteinahme - eine "holländische Kirmes". Es gab also den Blumenverkauf, die Sektstände, ein 'Theebuffet', Austern, eine Tombola, aber auch ein Niederländisches Buffet, einen Kakaostand, eine holländische Bar und eine höllandische Glücksmühle. In dem einleitenden Programm hatten die Anwesenden ein Concert mit "neueren Weingartnerschen Compositionen", vom Komponist selbst begleitet, vorgetragen. Ebenfalls passend zum Thema der Veranstaltung wurden danach "recht prächtig lebende Bilder nach Rembrandt und Huber und Jan van Eycks" gezeigt wurden.
Die kinematographischen Vorführungen wurden hier zwar gegen Ende der Veranstaltung, im letzten Programmteil, gezeigt. Sie bildeten aber dort den Auftakt nach einer längeren Pause der Vergnügungen auf der Kirmes.

Zum - vorläufigen Schluß - möchte ich noch einmal den Freiherrn von Dincklage zu Worte der kommen lassen, der die Szenerie nach Eintreffen der Kaiserin weiter ausführte. Nachdem es "vielleicht nicht einem zehntel der Damen, die eine freundliche Anrede erhofften, gelungen " war, in die vorderen Reihen des Kreises zu gelangen" wurde durch den Oberhofmarschall von Mirbach "(...) gemeldet, (...) , daß im Spezialitäten=Theater die "Große Vorstellung" sofort ihren Anfang nehmen könne.

Im Festsaal "nach dem Wilhelms=Platze" war eine Bühne aufgebaut worden, vor der die Kaiserin und die Prinzessinnen in der vorderen Sesselreihe Platz nahmen. Viele der Organsatorinnen der Veranstaltung sassen im dichtgedrängten 'Hohenzollern-Saal' in nächster Umgebung der Kaiserin. Die Aufzählung der verdienstvollen Damen - und auch der Männer "deren Namen mit der Veranstaltung im Zusammenhange stehen", mußte dann aber sogar der gewissenhafte Freiherr abbrechen, um den Beginn der Spezilitätenvorstellung zu beschreiben: Klaviervirtuose 'Klimperski' , der

    "(...) auf dem übrigens auch technisch meisterhaft beherrschten Bechstein die breitesten Schluchten musikalischer Gewohnheits=Begriffe"

überwand, eröffnete das Programm. Danach betrat sein Zwillingsbruder der "Konzert und Schnellmaler" Schmierinski die Bühne. Er "warf mit unglaublicher Geschwindigkeit und wunderbarer Grazie entwirft er auf den mächtigen Cartons, die auf einer Staffelei bereitstehen, Bilder aus dem Leben unserer afrikanischen Landsleute." Hinter 'beiden' Künstlern verbarg sich Herr Woikowsky-Biadau, "denselben Herr, den wie so oft auf den Hoffesten in der schlesischen Malteser Uniform sahen." Unmittelbar danach hatte der Kinematograph seinen Auftritt. Der Gewissenhaftigkeit des Freiherrn, verdanken wir auch eine der ausführlichsten Beschreibungen der gezeigten Filme auf den Wohltätigkeitsfesten: "Schon hat eine neue Vorstellung begonnen, - der Kinamatograph zaubert seine lebenden Bilder auf die Leinwand., - Soldaten exercieren, - ein Zug trifft ein u.s.w. Vor allem aber erregt die Wäsche eines Negerkindes die Heiterkeit, - natürlich - wir stehen ja heute unter dem Einfluß unserer Colonien. Doch -kein unzeitgemäßer Aufenthalt! Kaum ist das Negerkind, in Seifenschaum gehüllt verschwunden, als der "unübertroffene Couplet = Sänder Bary =Thon "vom Hof=Theater zu Lichterfelde das Podium betritt und in seinen lustigen Scherzen die 'Lachlust auf das Lebhafteste anregt:"
Kaum war diese Nummer vorbei, der Freiherr betonte immer wieder die Schnelligkeit der Nummernfolge, verkündete

    "schon die Stimme des Ausrufers von der Bühne, (Lieutenant von Engel Regt. Alexander), daß er seinen verbesserten Phonographen vorführen werde. Der vortreffliche Apparat, von Lieutenant d. Res. des Regiments Sielaff gestellt, leistete Vortreffliches aber schon während man die Musikweisen, die Rednervorträge aus fernen Ländern und längst vergangenen Zeiten (sic!) herübertönen hörte, breitete sich hinter dem Vorhang eine Schaustellung vor, die wohl den Glanzpunkt der ersten "großen internationalen Vorstellung" bildete."

Das nun folgende 'Lebende Bild' "Germania, ihre Kolonien beschützend!" verwies denn wohl auch die Kinematographie auf ihren Platz. Sie hatte ihren Platz im Kontext der Spezialitäten und der colonialen Thematik der Veranstaltung, die auch andere Nummern zur Sprache brachten, fand sich auch in der Wäsche des "Negerkindes" wieder. Gegen das von einigen hochrangigen Mitgliedern der 'Gesellschaft' gestellte 'Lebende Bild' kam sie wohl nicht an.

    "Um die "Germania" (Comtesse Schlieffen, Tochter des Chefs des Generalstabs der Armee) gruppiren sich Gestalten, die im Schutzgebiete eben ihre Schutzes bedürfen. Da lagern zu ihren Füßen die Negerinnen (Comtesse Kanitz, Tochter des Ceremonien=Meisters, und Comtesse Königsmarck=Plaue). Da neigt die Comtesse ihren Blick den barmherzigen Schwestern zu, die einst wohl im neu zu erbauenden Usambara=sanatorium walten sollen (Comtesse Arnim=Muskau und Frl. von Werner, Tochter des Akademie=Direktors) und jetzt ihre milde Thätigkeit einem noch im Kampfe für die Kultur Verwundeten zuwenden (Lieutenant v. Alten, Rgt. Alexander). Auch erblickt man im Vordergrunde den im Streite verwundeten Araber, dessen Züge nach dem Tode den fanatischen Haß ausdrücken (Kammerjunker von Uechtritz). Zahlreiche Offiziere der Schutztruppe (Lieutenant von Lekow, v. Hartwarth, v. Münchhausen, v. Diezelski, v. Haesten) blicken gemeinsam mit den unter dem deutschen Schutze glücklichen Negern (Müldner v. Mülnheim) zur edeln Verkörperung des Germanentums hinauf."

Professor Enke, der die 'Germania' in Szene gesetzt hatte, und seine Darsteller, erhielten von der Kaiserin "(...) das Wort voller Anerkennung." Die Kaiserin verließ nach dieser 'Nummer' den Saal, nicht ohne Herrn von Schack, dem Leiter der Veranstaltung, zu danken.

    Nachdem die jungendlichen Eleven des 'Königlichen Ballets' zum Abschluß einen "munteren" Negertanz aufgeführt, hatten, zog es den Freiherrn ins türkische Rauch- und Kaffeezimmer, der zu seiner angenehmen Überraschung keine exclusive Herrndomaine war. Die Damen der Gesellschaft gaben hier die "(...)in liebenswürdiger Weise die Wirthinnen und erhöhen durch die Wahl der reizendsten Toiletten und reichen orientalisichen Schmuckes den eigenartigen Zauber dieses fumoirs."

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